GedankenKARUSSELL

Das Karussell dreht seine Kreise. Laut, schnell und mit vielen bunten Lichtern. Die Gesichter, der am Rande des Fahrgeschäfts stehenden Personen, sind teils unerkennbar verschwommen. Mir wird ganz schwindelig, ich möchte raus hier. Doch gefühlt will die Fahrt einfach nicht enden. Ich kann nicht mehr, ich brauche Ruhe. Viel Ruhe und am liebsten möchte ich dabei so wenig wie möglich nachdenken. Seit Monaten schlafe ich nicht richtig ein oder werde Mitten in der Nacht wach und kann nicht weiterschlafen. Meine Gedanken wollen einfach nicht still stehen. Es ist einiges los bei mir und vielleicht hast du als treue Leserin oder als treuer Leser schon bemerkt, dass mein letzter Blogbeitrag schon eine Weile her ist. Das liegt nicht nur an einem Mangel an Zeit, sondern auch daran, dass ich völlig reizüberflutet bin und manchmal gar nicht mehr weiß, wie ich diesen Overload an Gedanken noch sortiert bekomme. Da ist unter anderem das allgegenwärtige Thema „Corona Pandemie“ und die damit einhergehenden Herausforderungen, sich grenzüberschreitend im Dschungel stetig wechselnder Bestimmungen und Vorschriften zurechtzufinden. Für mich und meine Familie, die wir als Grenzgänger seit vielen Jahren die europäische Gemeinschaft leben, eine absolute Katastrophe. Ich bin müde. An manchen Tagen habe ich keine Lust, auch nur eine einzige Schlagzeile zu lesen, andererseits erfordert es unsere persönliche Situation, immer auf dem Laufenden zu sein und genau zu wissen, wie, wann und wie lange wir das Haus verlassen und die Deutsch-Französische Grenze passieren dürfen. Die ständigen Tests in einem, der für Berufspendler eingerichteten Testzentren, sind zwar nervig, unangenehm, zeitintensiv und erfordern permanente Planung, andererseits erleichtern sie uns, verglichen mit den Grenzschließungen, während des ersten Lockdowns im Frühling des Vorjahres, den Alltag maßgeblich. Nicht auszumalen, wie schwierig die Situation wäre, wenn wir momentan keine Möglichkeit hätten, nach Deutschland einzureisen. Wir haben nämlich jüngst eine Immobilie in der Heimat meines Mannes erworben, welches sich in den kommenden Monaten, hoffentlich in unser Traumhaus verwandeln wird. Der Entschluss, zurück nach Deutschland zu ziehen, kam nicht vollkommen überraschend. Wir hatten den Gedanken bereits lange vor Ausbruch des Corona Virus. Meine Schwiegereltern waren in den letzten Jahren bedingungslos für uns da. Sie haben sich in der Vergangenheit gerne und liebevoll um unseren Sohn und um unseren Hund gekümmert und uns damit enorm in unserem manchmal sehr anstrengenden Alltag entlastet. Nun  werden die Eltern meines Mannes aber auch nicht jünger und für uns ist es selbstverständlich, die beiden auch nicht hängen zu lassen, wenn sie unsere Unterstützung (egal wie groß oder klein) eines Tages benötigen. Doch wann genau ist „eines Tages“ ? Wollen wir wirklich warten, bis der Fall der Fälle eintritt und dann unter Zeitdruck umziehen „müssen“ ? Pendeln wir bis dahin täglich ein bis eineinhalb Stunden, je nach Verkehr, neben all den anderen Aufgaben, die unseren Tag ausfüllen, um mal eben schnell dies und das zu erledigen ? Möchten wir mit der Rückkehr in die Heimat warten, bis wir beide vielleicht nicht mehr die Kraft haben, uns in Eigenleistung um einen Umbau zu kümmern und dann viel mehr Geld investieren ? Macht es Sinn, das Ende der Immobilienblase abzuwarten, um dann eventuell einen günstigeren Kaufpreis auszuhandeln ? Fragen über Fragen. Genau das und vieles mehr hat mich die letzten Wochen und Monate beschäftigt und wach gehalten. Wir haben bereits ein altes Stadthaus saniert und ich weiß, was für eine Belastung mit der Optimierung des über fünfzig Jahre alten Zweifamilienhauses in der kommenden Zeit auf uns zukommt. Die einzelnen Gewerke, deren Einsatztermine sinnvoll aufeinander abgestimmt werden müssen, das Einholen von Angeboten und das Jonglieren mit dem vorhandenen Budget, neben dem ständigen Abwägen, dem Treffen von wichtigen Entscheidungen, von der kleinsten Mosaikfliese bis hin zum Austausch der über zwanzig Fenster sowie der permanenten Priorisierung. Ich persönlich freue mich heute natürlich schon am allermeisten auf den Endspurt, wenn es gilt, aus „vier Wänden“ ein stimmungsvolles und schönes Zuhause zu kreieren. Ich habe das Zielbild schon ganz klar und deutlich vor Augen. Leider aber nicht nur am Tag, sondern auch in der Nacht. Es sind also nicht immer schlechte Gedanken, die mich wach halten. Manchmal richte ich um vier Uhr früh gedanklich unser neues Haus bereits bis ins letzte Detail ein. Die Pläne stehen ! Ich habe mir in den letzten Wochen viel Mühe gegeben, alle meine Gedanken niederzuschreiben und exakte Zeichnungen jedes einzelnen Raumes anzufertigen. Einschließlich detaillierter Beschreibungen und Aufgabenlisten im Hinblick auf Farben und  Materialien für Küche, Bäder und Wohnräume. Detailliert sind alle Wände, Böden, Decken, Beleuchtungen, Elektrik und vieles mehr beschrieben. Meine langjährige Projekterfahrung kommt mir dabei erfreulicherweise zugute. „Bauherren 2.0“ - unser hoffentlich letztes großes Umbauprojekt. Und mit dem Umzug in unser neues Haus, hören die Gedanken vielleicht endlich auf, sich im Kreis zu drehen.