Heute war ich nach beinahe sieben Monaten zum ersten Mal wieder im Büro. Seit 11. März 2020, als das Robert-Koch-Institut Grand-Est zum Corona Risikogebiet einstufte, habe ich ausschließlich von zu Hause aus gearbeitet. Unser Arbeitgeber hatte damals als Präventivmaßnahme, alle Grenzgänger mit Wohnsitz in der französischen Region sofort ins Homeoffice geschickt. Nie und nimmer hätte ich mir an diesem Tag das Ausmaß dessen vorstellen können, was uns danach erwartete. Lockdown, Kontaktsperre, Abstandsregeln, Maskenpflicht und sogar eine zweimonatige Ausgangssperre in Frankreich. Durch die Corona-Pandemie bangen immer noch weltweit viele Menschen um ihren Job und ihre Existenz, einige gebeutelte Unternehmen konnten sich mit Kurzarbeit über Wasser halten. Was für ein großes Glück hatten mein Mann und ich, in einer Branche tätig zu sein, in der es relativ problemlos möglich war, den Arbeitsplatz adhoc in die eigenen vier Wände zu verlagern. Nach mehr als einem halben Jahr im Homeoffice haben wir uns an eine andere Normalität gewöhnt und unser Leben an die neue Arbeitswelt angepasst. Unsere Kollegen treffen wir seither virtuell über ein Videotool. Wir mailen, chatten und verabreden uns dank Webcams zu digitalen Business Lunches und Kaffeepausen oder zu einem virtuellen Apéro. Kostüme, Blusen, Anzüge, Hemden und Krawatten sind schlichten Tops, Shirts oder Polohemden gewichen und viele verzichten inzwischen auf das ganz große Styling mit aufwändiger Frisur und Make-up. Unsere Haut dankt es uns, liebe Kolleginnen. Meine schicken Büroklamotten habe ich seit Monaten nicht mehr getragen. Meist kombiniere ich ein ordentliches Oberteil mit einer bequemen Hose (selbstverständlich ohne Kontrollverlust). Schuhe trage ich im Homeoffice aber keine. Im Sommer war ich zu Hause meist barfuß unterwegs und seit einigen Wochen stecken meine Füße unter dem heimischen Schreibtisch in dicken Socken. Machen wir uns nichts vor, im Homeoffice gilt definitiv ein anderer Dresscode als im Büro. Heute früh habe ich mich dann aber in Vorfreude auf meinen Officetag mal wieder so richtig rausgeputzt. Die Locken wurden mit dem Glätteisen gebändigt, die Sommersprossen mit getönter Tagescreme und Puder übertüncht und zu meinem schlichten schwarzen Kleid mit Strumpfhose wurden Schmuck, hübsche Stiefeletten, eine stylische Handtasche und sogar eine farblich passende Maske ausgesucht. Den Lippenstift hätte ich mir allerdings sparen können. Die Farbe hat sich schön gleichmäßig auf der Innenseite meines Mund-Nasen-Schutzes verteilt. Nachdem ich dann heute morgen in meinem Büro angekommen war und erfolgreich die Technik an meinem Arbeitsplatz angeschlossen hatte, habe ich meine kleinen netten Büro-Accessoires aus der Gefangenschaft meiner Schreibtischschublade befreit und auf dem frisch desinfizierten Tisch drapiert. Darunter auch ein kleiner aufstellbarer Wochenkalender mit inspirierenden Fotos und positiven Sprüchen. Der Kalender zeigte noch das Bild einer Kirschblüte sowie die elfte Kalenderwoche vom 9. bis 15. März. Um in die aktuelle Woche im Oktober zu springen, musste ich über die Hälfte aller Kalenderseiten über die Spiralbindung umklappen. Ein Sinnbild dafür, wieviel Zeit seit meinem letzten Arbeitstag im Büro vergangen war. Ich bin gespannt, ob ich es noch einmal vor Ende des Jahres 2020 ins Office schaffe, um weitere Seiten meines Mini-Kalenders umzuschlagen. Bis dahin heißt es aber vorerst wieder Home sweet Homeoffice - ungeschminkt, mit hochgesteckten welligen Haaren, gemütlicher Kleidung und bequemen Socken.