Als ich vor genau zwölf Jahren im Mai bei einer Besichtigung mit dem Verkäufer zum ersten Mal einen Fuß in den Garten unseres Hauses setzte, fühlte ich eine unvorstellbare Magie, die mir verriet: „Hier bin ich zu Hause. Dies wird ein Ort des Wohlfühlens. Ich bin endlich angekommen.“ Besonders in den großen Kirschbaum, der im Zentrum des Grundstückes steht, war ich auf Anhieb verliebt. Es überkam mich sofort die romantische Vorstellung, eine Schaukel in den alten Baum zu hängen, auf der mein Sohn und ich (man ist schließlich nie zu alt zum schaukeln) im Zug der frischen Luft fröhlich hin und her schwingen. Das Ende der Fünfziger Jahre gebaute Stadthaus bot außerdem auch innen reichlich Potential. Meine Vorstellungskraft erlaubte mir, die vielen Möglichkeiten zu erkennen, aus dem in die Jahre gekommenen Kasten, etwas wunderschönes kreieren zu können. Da mein Fokus viele Jahre auf dem Ausbau und der Renovierung der Wohnräume lag, vernachlässigte ich zugegebenermaßen zu Beginn die Gartengestaltung und beließ es neben der ersehnten Schaukel im Kirschbaum, bei einem Sandkasten und Trampolin für meinen Dreijährigen und ein paar Gartenmöbeln auf der Terrasse. Die Schaukel mussten wir allerdings schon nach kürzester Zeit wieder entfernen, nachdem mein Nachbar mich freundlicherweise auf die morschen Äste hingewiesen hatte. Nachdem mir dies auch ein Gartenprofi bestätigt hatte, war ich zwar traurig aber auch sehr erleichtert, dass bis dahin noch nichts passiert war. Wir kauften dann ein gebrauchtes Schaukelgestell aus Stahl, zwar nicht sonderlich hübsch anzuschauen, aber auf jeden Fall sicherer. An den Spielgeräten verlor der Junior dann im Laufe der Jahre natürlich zunehmend das Interesse, wir verschenkten das Equipment und standen vor der Frage, was wir mit dem Garten anfangen wollen. Ich kaufte mir viele Gartenratgeber, bemühte mich, über Bildmaterial im Web auf Anregungen zu stoßen, doch die Ideen blieben aus. Viele Jahre konnte ich mein Talent zur Inneneinrichtung in den Räumen des Hauses ausleben und mich kreativ austoben, ich bezweifelte inzwischen aber stark, dass ich auch zur Gartengestaltung geboren war. Erst bei einer längeren Auszeit in einem Ferienhaus im Elsass war ich plötzlich von einer Minute auf die andere voller Inspiration. Ich hielt meine Ideen sofort fest, kritzelte Abends am Kaminfeuer vor mich hin und zeichnete in nur drei Tagen den Plan für unseren Traumgarten. Die Umsetzung wurde sofort nachdem wir aus den Vogesen zurück waren, initiiert. Wenn ich mir erstmal was in den Kopf gesetzt habe, dann fackele ich nicht lange, dann wird gemacht. Denn machen ist wie wollen, nur noch viel krasser, habe ich neulich erst irgendwo gelesen, den Spruch finde ich super. Das Gartenprojekt war zwar sehr aufwändig, hat sich aber mehr als gelohnt. Wir sind überglücklich mit unserer Oase im Freien. Wir haben einen wunderbaren Ort geschaffen, der unter anderem zum verweilen, entspannen, feiern, lesen, sonnenbaden, schlafen, essen & trinken, genießen, staunen, schauen, ruhen, hören und planschen einlädt. Seit wir diesen wunderbaren Garten kreiert haben, verbringen wir die Sommerferien zu Hause und haben dort eine wunderbare Zeit im Grünen. Ohne Garten hätte ich die letzten Wochen vermutlich nicht so gut überstanden. Durch die im Rahmen der Corona Pandemie verhängte Ausgangssperre, waren wir an unser Domizil gefesselt, wir durften uns für die Dauer von acht Wochen nur einmal täglich und nicht weiter als einen Kilometer vom Haus wegbewegen. Wir sind wahrlich vom Glück gesegnet, dass wir den Lockdown bei bestem Wetter in unserem herrlichen Paradies hinter dem Haus verbringen konnten. Zu Hause ist, wo meine Familie ist, aber eben auch da, wo mein Garten ist.